Die Sendung ECO des SCHWEIZER FERNSEHENS wollte mit Bundespräsident Ueli Maurer (SVP) über die Steuer- und AHV-Vorlage sprechen, welche im Mai vors Volk kommt. Nur: Maurer lief empört aus dem Studio, nachdem er den Vorspann-Film gesehen hatte und liess den Termin platzen. Zu Recht?

Gemäss BLICK soll sich Maurer an zwei Punkten gestört haben. Der Filmbeitrag folgte der Storyline „Alter Wein in neuen Schläuchen“. Das Motto spielte Redaktor Daniel Daester auch bildhaft aus, indem immer wieder Symbolbilder aus der Weinproduktion eingespielt wurden. Dazu durfte im Film der Luzerner Professor Christoph Schaltegger anmerken, dass zwischen der Steuerreform, welche bei der letzten Abstimmung noch bachab geschickt wurde und der neuen Vorlage – zumindest im Steuerteil – keine wesentlichen Unterschiede bestünden.

Maurer-Sprecher (und Ex-SRF-Sportredaktor) Peter Minder kommentierte auf blick.ch darüberhinaus, SRF hätte Abmachungen nicht eingehalten, wollte aber nicht benennen, welche das gewesen seien. Dies wurde von SRF-Chefredaktor Tristan Brenn umgehend zurückgewiesen. Fazit: Die Behauptung Minders ist wohl, solange er sie nicht spezifiziert, eine Schutzbehauptung.

Regelmässige Leser/innen dieses Blogs wissen, dass wir mit kritischen Voten gegenüber Medien nicht zurückhalten, wenn sie angebracht sind. Richtig ist auch, dass es viel zu häufig vorkommt, dass Medienschaffende Regeln nicht einhalten und wir sind die ersten, die empfehlen, dann auch konsequent zu sein.

Im vorliegenden Falle ist aufgrund des vorliegenden Materials allerdings kein Regelverstoss zu erkennen. Im Gegenteil: Dass ECO, wenn es sich um eine ausgewogene Darstellung bemüht, im Vorspannfilm vor allem die Kritiker zu Worte kommen lässt, wenn anschliessend ein Befürworter acht Minuten sprechen darf, ist gängige Praxis und nicht zu bemängeln. Kommt hinzu, dass die „Kritik“ kaum dieses Wort verdient, sondern lediglich festhält, dass die Vorlage keine grossen Unterschiede macht zur Vorgängerversion. Und wenn auch viele Hasskommentare wieder einmal eine Möglichkeit sehen, gegen das links-orientierte SRF zu schimpfen: mit diesem Beispiel ist das nun definitiv nicht zu belegen.

Daran vermag auch der NZZ-Kommentar von David VonPlon nichts zu ändern. VonPlon führt aus, die neue Vorlage unterscheide sich sehr wohl von der an der Urne gescheiterten Unternehmenssteuerreform III und führt dafür vier Beispiele an: Dividentenbesteuerung, Änderungen bei der Patentbox, Kapitaleinlagenbesteuerung und Abzüge für Forschung und Entwicklung. Seine Kritik, der Beitrag sei einseitig, scheitert aber daran, dass dass er offensichtlich das TV-Geschäft nicht versteht: Wenn ein mehrminütiges Interview mit einem Befürworter einer Vorlage geplant ist, muss logischerweise, um in der Summe ausgewogen zu berichten, im Vorspannfilm vor allem die Kritik der Gegner das Thema sein, auf welche der Studiogast ja dann eben reagieren soll. – Man könnte im Gegenteil von Seiten der Gegner immer noch einwerfen, das Setting sei nicht fair, weil der Befürworter das letzte Wort habe.

ECO-Moderator Reto Lipp ist darüber hinaus als fairer Moderator bekannt, der nicht nur für Sachlichkeit statt Polemik steht, sondern auch in der Lage ist, ein Thema differenziert und in die Tiefe auszuleuchten.

Es gibt für das Verhalten von Bundespräsident Maurer zum heutigen Zeitpunkt also schlicht kein glaubwürdiges Argument. Dass sich auch ein Bundespräsident kritische Fragen gefallen lassen muss – erst Recht bei einer Abstimmungsvorlage – hat in diesem Land Tradition. Und es gibt durchaus Exponenten seiner Partei, die sich sogar bewusst sein, dass die eigenen Argumente am Besten zur Geltung kommen und beim Publikum noch weit überzeugender wirken, wenn sie auch kritischen Fragen standhalten.

So bleibt am Ende nur der Eindruck eines Bundespräsidenten, der über die Jahre offenbar so zartbesaitet, dünnhäutig und amtsmüde geworden ist, dass er der politischen Debatte nicht mehr gewachsen ist. Am besten wäre wohl, er käme zur Einsicht, sich zurückzuziehen und in den Ruhestand zu wechseln.