Die aussenpolitische Kommission des Nationalrats hat am Dienstag, den 15. Januar 2019, ein öffentliches Experten-Hearing durchgeführt, das über YouTube auch live im Internet übertragen wurde. Das Fazit: Ein untaugliches Format.

Die Vermutung war in den Medien schon im Vorfeld geäussert worden: Die Parlamentarier/innen würden wohl die Veranstaltung mehr für eigene Statements als für Fragen an die Experten benützen. Die Befürchtungen bewahrheiteten sich: Die Politiker der politischen Rechten, oder konkreter: der SVP, lancierten mit ihren Fragen diejenigen Experten, von denen sie bereits wussten, dass sie dem Rahmenabkommen skeptisch gegenüberstanden. Auf der Seite der Befürworter dassselbe Bild: Sie lancierten mit ihren Fragen diejenigen Experten (oder vor allem Expertinnen), von denen hinreichend bekannt ist, dass sie ein Rahmenabkommen befürworten. Da war also keinerlei Erkenntnisinteresse zu erkennen, sondern höchstens das Bestreben, die eigene Haltung bestätigt zu erhalten. Entsprechend häufig war die Formulierung „Stimmen Sie mir zu, dass…“ zu vernehmen. Warum aber, wenn die Damen und Herren es schon besser wissen, laden Sie überhaupt Experten ein?

Das wurde an Peinlichkeit nur dann noch getoppt, wenn einzelne Kommissionsmitglieder glaubten, die Experten belehren zu müssen. Wie etwa der Zürcher FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann, welcher behauptete, der ihm wenig genehme Kritiker Paul Widmer sagte die Unwahrheit – was dieser postwendend mit Verweis auf den entsprechenden Absatz im Abkommen widerlegte.

Aber auch die Expert/innen selbst gaben kein besseres Bild ab. Das beginnt damit, dass es offenbar den gesamten Rechtsgelehrten und Diplomaten nicht möglich war, tatsächlich in ihrer Rolle als Fachperson aufzutreten und über einen Gegenstand zu sprechen, ohne von Anbeginn die eigene politische Position dazu in den Mittelpunkt stellen zu müssen. – Dabei müsste gerade diese intellektuelle Überlegenheit das Wesen einer Expertenposition ausmachen.

Darüber hinaus waren die Experten insgesamt kaum je in der Lage, ihren abstrakten Ausführungen konkrete Beispiele folgen zu lassen. So sprach der Zürcher Rechtsprofessor Matthias Oesch immer wieder davon, dass die Schweiz mit dem Rahmenabkommen ein institutionalisiertes Recht bekomme, beim Entwurf neuer Richtlinien mitzuwirken (was heute schon geschieht, aber ohne Verpflichtung der EU, das zu tun). Freilich konnte Oesch kein einziges konkretes Beispiel beibringen, wo das Engagement der Schweizer Diplomatie und Verwaltung Früchte gezeitigt hätte – mit der Ausnahme einer Bestimmung im neuen Schengen-Waffenrecht – welche er aber ebenfalls nicht konkret machen konnte.

Ähnlich schlimm auch die Rolle der Präsidentin, der Basellandschaftlichen CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter. Der Vorsitzenden ging ganz offensichtlich das Protokoll über alles – und insbesondere über eine erkenntnisbringende inhaltliche Auseinandersetzung. Schneider-Schneiter schaffte es, den Experten immer dann das Wort zu entziehen, wenn es gerade interessant geworden wäre – beispielsweise, als die Basler Rechtsexpertin Tobler und Alt-Diplomat Paul Widmer über einen Punkt streiten wollten. Schneider-Schneiter verfolgte strikte ihr Konzept, dass jedes Parlamentsmitglied nur eine Frage und dafür mit Antwort 5 Minuten Zeit reserviert blieben. Ohne die Möglichkeit, nachzufragen, ohne die Möglichkeit, bei kontroversen Punkten der Sache tatsächlich auf den Grund gehen zu können. Schneider-Schneiter schien auch selbst der Debatte inhaltlich gar nicht zu folgen – jedenfalls verpasste sie es die ganze Zeit über, bei den Experten nachzuhaken oder sie auf konkrete Aussagen zu behaften, wenn sie ins Schwadronieren gelangten. Die Debatte sprang dann auch von einem Punkt zum nächsten und wieder zurück, ohne einem roten Faden zu folgen, indem beispielsweise inhaltliche Schwerpunkte gesetzt worden und die Fragen entsprechend gruppiert worden wären.

Fazit aus der ganzen Übung: Ein stundenlanger Leerlauf ohne Erkenntnisgewinn.