SRF muss sparen. Und teilt nun mit, dass im TV künftig auf die Sendung „Schawinski“ verzichtet werde. Das erscheint nicht wirklich ehrlich.

Zunächst: Dass die Talkshow mit Roger Schawinski am Montagabend abgesetzt wird, ist im Grundsatz ein richtiger und fälliger Entscheid. Das Format war seinerzeit, so die These praktisch aller Medienjournalisten im Lande, vor allem deshalb ins Leben gerufen worden, um den lebenslangen SRG-Kritiker Schawinski still zu stellen. Mit einer eigenen Sendung bei der SRG, so das Kalkül, werde Schawi nicht weiter gegen die SRG schiessen können.

Ein Muster notabene, das schon frühere funktionierte. Nach dem selben Muster kaufte man sich beispielsweise eine zurückhaltende Berichterstattung durch das Ringier-Verlagshaus, den Herausgeber des BLICK. Hier durfte der grosse Ringier Zampano Frank „Frankyboy“ A. Meyer jahrelang in der Talkshow VIS-A-VIS Gäste seines Gustos empfangen und sich an Honoablen vorwiegend aus Politik und Kultur abarbeiten, die häufiger für ihre Antworten weniger Sendezeit beanspruchen konnten als Meyer für seine Fragen. Die Ego-Show, die so gut wie unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgestrahlt wurde, erfüllte immerhin zweierlei Zwecke: Zum einen lieferte sie Stoff für das Satire-Format GIACOBO/MUELLER. Mike Müller und Victor Giacobbo machten sich regelmässig über den eitlen Interviewer Meyer lustig – und hatten wohl mehr Zuschauer als das Original. Zum zweiten half die Konstellation mit, dass der Boulevard-Titel BLICK pfleglich mit dem TV umging – und ganz anders, als man das eigentlich von einer Boulevardzeitung erwarten würde.

Dasselbe Muster funktionierte schliesslich auch bei Schawinski.Unbestritten ist, dass der Medienmacher zweifellos grosse Verdienste für die Schweizer Medienlandschaft hat und eine ganze Generation von Journalistinnen und Journalisten geprägt hatte Etwa dadurch, dass er jahrlang als Interviewer vorexerzierte, dass sich Medienschaffende nicht davor scheuen dürfen, Regierungsmitgliedern und anderen Vertretern „der Elite“ kritische Fragen zu stellen.

Allein: Schawinski war schon beim Start der neuen Talkshow saturiert und weit von seinen besten Zeiten entfernt. Ein schluddriger Umgang mit Fakten und die schon bei Meyer zu beobachtende Tendenz, mehr für die eigene Befindlichkeit und das Ego zu interviewen als den Erkenntnisgewinn in der Sache, machten die Sendungen mehr zur Qual als zu einem TV-Vergnügen. Und wenn SCHAWINSKI es mal in die Schlagzeilen schaffte, dann war es nie deswegen, weil ein Interviewgast eine besonders bemerkenswerte Aussage gemacht hätte – sondern regelmässig weil der Interviewer sich grenzwertig oder jenseits der Grenze von Anstand und/oder öffentlich-rechtlichem publizistischen Verständnis bewegt hatte.

Wenn nun unter der neuen TV-Direktorin ein Schlussstrich unter die Ära Schawinski gezogen wird, so ist das publizistisch kein Verlust, sondern ein notwendiger Schnitt. Zu vieles, was sich Schawinksi geleistet hatte, darf im öffentlich-rechtlichen TV keinen Platz haben.

Zu bedauern ist allerdings, dass das Format einer trendaktuellen wöchentlichen Talkshow mit einem Einzelgast nicht weitergeführt wird. Der Verweis auf andere Formate, etwa das Gespräch in der RUNDSCHAU, ist müssig, denn die acht bis zehnminütigen Interviews im Hintergrundmagazin können den Verlust einer mehr als 20-minütigen Talkshow nicht aufwägen.

Noch unverständlicher ist es dann, wenn die Absetzung mit Kostenüberlegungen begründet wird. Zum Vergleich: SRF selbst gibt die Kosten einer Ausgabe der Talkshow mit CHF 15’000 an, und bei einer Ausschreibung wäre das wohl am Markt noch einmal um 30% günstiger zu erhalten. Talkshows gelten sowieso als kostengünstigste Formate für einen TV-Sender. Wenn SRF das Geld dafür nicht mehr aufbringen kann, dann gute Nacht. Viel wahrscheinlicher ist deshalb, dass das Kostenargument hinhalten musste, um „Schawi“ einen würdigen Abgang zu bescheren. Dafür aber das Publikum zu belügen und die tatsächlichen Gründe für die Absetzung so zu verwedeln, ist auch nicht eben, was die Zuschauer/innen von ihrem Gebührensender erwarten (dürfen).