Die SRG hat heute die Wahl der Nachfolgerin von SRF-Direktor Ruedi Matter bekanntgegeben. Wenig überraschend hat Nathalie Wappler-Hagen das Rennen gemacht. Sie war die einzig mögliche Wahl.
Und damit ist auch bereits die grösste Aufgabe für Wappler auf dem Tisch. Es ist der Management-Nachwuchs, den der bisherige Direktor Matter sträflich vernachlässigt hat. Denn Fakt ist: Aus dem gegenwärtigen Führungszirkel von SRF war kein einziger Kandidat und keine einzige Kandidatin für die Nachfolge prädestiniert. TV-Chefredaktor Tristan Brenn ist ein Mann ohne Charisma und Vision, Radio-Chefredaktorin Liz Borner hat seit dem Entscheid, die Radio-Informationsabteilung nach Zürich zu verlegen, bereits intern einen schweren Stand und ist publizistisch farblos. Die Unterhaltungsabteilung wurde mit Stefano Semeria eben erst neu besetzt, dasselbe gilt für die Kulturabteilung unter dem Quereinsteiger Stefan Charles. Und der Abteilungsleiter „Programme“, Hansruedi Schoch, der zuletzt für den Job noch im Gespräch war, ist zu sehr ein SRF-Apparatschik, als dass ihm eine Erneuerung zuzutrauen gewesen wäre. Aus der Sportabteilung von Abteilungsleiter Roland Mägerle schliesslich dringen immer noch Meldungen über chaotische Zustände und Missmanagement.
Wenn aber aus der Geschäftsleitung des Unternehmens keine einzige Persönlichkeit für die Nachfolge an die Spitze in Frage kommt, stellt das dem Unternehmen kein sonderlich gutes Zeugnis aus.Das zeigt sich auch darin, dass sich der Moderator eines Konsumentenmagazins berufen fühlt, sich selbst für den Job als Direktor zu bewerben – und dann die fällige Absage auch noch öffentlich kommentiert, ohne dass ihn jemand zur Ordnung ruft. Da scheint also auch in Bezug auf die Unternehmenskommunikation und die Wahrnehmung einiges nicht zum Besten bestellt zu sein (was Wappler aber offenbar bereits erkannt hat, wie ihrem ersten Interview auf BLICK.CH zu entnehmen ist).
Der bisherige Direktor Ruedi Matter hat es in der Vergangenheit verpasst, eine Führungscrew zusammenzustellen, in welcher Potential vorhanden gewesen wäre. Im Rahmen der Zusammenlegung von Radio und Fernsehen vor einigen Jahren waren die Führungsposten weitestgehend mit Eigengewächsen besetzt worden, welche für eine möglichst reibungslose Umsetzung der Zusammenlegung sorgen sollten. Gefragt waren deshalb vor allem Abnicker, Apparatschiks und nur keine starken Führungspersönlichkeiten. Die Chance für eine Blutauffrischung wurde verpasst. Erst in der jüngsten Gegenwart wurden endlich wieder externe Kräfte in die Führung integriert – es ist ihnen zu wünschen, dass sie in ihren Funktionen reüssieren und dadurch den Blickwinkel in dem weitgehend auf sich selbst bezogenen Haus etwas weiten. Ihre Arbeit zu beurteilen ist aber noch zu früh. Der einzige Nachwuchskader mit grossem Potential, Tagesschau-Chef und Newsroom-Projektleiter Urs Leuthard, war dadurch bis zuletzt nicht für höhere Weihen zugänglich, weil er der Cousin von Noch-Bundesrätin Leuthard – der Medienministerin ist.
Eine der primärsten Aufgaben eines Direktors oder einer Direktorin ist es aber genau, sich um den Management-Nachwuchs zu kümmern.
Mit der Führungsnot zusammen hängt das völlig unsinnige aktuelle Organigramm. So sitzen in der Geschäftsleitung gegenwärtig zwei Chefredaktoren (einmal für Radio, einmal für TV). Das macht keinen Sinn, musste aber wohl aus innenpolitischen Gründen eingegangen werden, weil sonst die Informationsabteilung des Radios schon bei der Zusammenlegung den Aufstand geprobt hätte. In der Riesenabteilung „Programme“ verantwortet Abteilungsleiter Schoch alle Radioprogramme (ausser DRS2, das zur Kulturabteilung gehört, und DRS4, das zur Informationsabteilung gehört), die Programmleitung Multimedia, den Bereich Dokumentation & Archive, Gestaltung und Marketing (aber nicht Unternehmenskommunikation, mehr oder weniger eine aufgeblähte Pressestelle, die als eigene Abteilung fungiert) sowie alle drei TV-Kanäle SRF1, SRF2 und SRF info. Der frühere „Radiodirektor“ ist heute eine Sub-Funktion dieser nicht mehr führbaren Riesen-Abteilung, einen Linien-Verantwortlichen über alle Radioprogramme hinweg gibt es nicht mehr – bis zur Stufe Schoch, der aber von Radio soviel versteht wie die vielbeschworene Kuh vom Schlittschuhlaufen.
Auch hier ist Wappler deshalb gefordert.
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