Wie war das damals? Als Kinder verbrachten wir unsere Sommerferien meist drei Wochen im Südtirol. Wir hatten da eine schöne Zeit, aber nach den drei Wochen kehrten wir mit dem Gefühl in die Schweiz zurück, dass es nun auch wieder gut war. Und freuten uns darauf, in ein Land zurückzukehren, in dem man seine Uhr nach der Zugseinfahrt richten konnte und wo alles funtionierte.

Und genau dieses Gefühl mag‘ sich heute nicht mehr einstellen. Wir verbrachten die Ferien in Sardinien, auf einem Camping-Platz. Glamping nennt man das heute offenbar, wenn das Zelt schon aufgebaut ist und im Zelt ein Bett, WC und Dusche vorhanden sind. Nun, ich stelle mir Glamour immer noch etwas anders vor, aber egal.

Vorherrschend war nämlich viel mehr das Gefühl, an einem Ort angekommen zu sein, wo es noch so etwas wie ein Freiheitsgefühl gibt. Das beginnt damit, dass mir kein Bademeister am Strand verbietet, Fotos von meiner Kleinen zu machen, wenn sie im Meer nach Muscheln taucht. In einer zürcherischen Badeanstalt werde ich umgehend darauf aufmerksam gemacht, dass ein Fotografierverbot herrsche, wenn ich ein Bild meiner Tochter machen möchte. Auch wenn sie die Schwimmweste trägt im Meer, kommt keiner daher und sagt, sie dürfe diese nicht tragen. – So etwas passiert einem nur in der Badi am Haslisee – und vielleicht noch in ein paar anderen Schweizer Badis. Ich hab’s nicht weiter ausprobiert, die Lust ist mir vergangen.

Als wir im „El Sardo“ zu Mittag essen, parkieren wir das Auto auf dem grossen Platz neben dem Restaurant. Zugegeben, die Parkordnung ist etwas wild, aber solange wir niemandem die Ausfahrt versperren, ist es ok. Wir bezahlen auch nicht 12 Franken Parkgebühr wie in Zürich – was notabene mehr ist als die Pizza im Restaurant kostet: Die liegt so zwischen 7.50 und 9.50 €, je nach Belag. – Nein, wir bezahlen gar keine Parkgebühr. Schliesslich möchte man ja, dass Gäste kommen – und sie nicht mit Gebühren vertreiben.

Zugegeben, unten am Strand wird dann doch eine Gebühr erhoben. Vier Euro für den halben Tag. Aus Unachtsamkeit haben wir die Zeit vergessen und die Parkzeit überzogen. Die Folge ist nicht eine Busse über 40 Franken, sondern die Aufforderung, sich unter einer angegebenen Telefonnummer zu melden. Dort sagt dann der Parkwächter, man möge ihn doch aufsuchen und die fehlende Parkgebühr nachzahlen. Kosten: 3€. Und wieder beschleicht mich das wohlige Gefühl, dass es hier nicht darum geht, die Gäste abzuzocken. Der Aufwand, den Parkwächter noch mal aufzusuchen, reicht aus, dass wir für den Rest der Ferien peinlich genau darauf achten, rechtzeitig zurück zu sein.

Darüber hinaus fühlten wir uns einen Urlaub lang herrlich unbeobachtet. Zwar prangten auch an der Abschrankung zu unserem Camping Schilder, die auf eine Video-Überwachung aufmerksam machten. Eine Kamera konnte ich allerdings nirgends ausmachen – das Schild hatte wohl mehr abschreckenden Charakter.

Unterdessen sind wir wieder zurück. Aber nicht mehr mit dem guten Gefühl wie früher. Sondern mit dem Eindruck, in das Gefängnis zurückgekehrt zu sein. Wie es Dürrenmatt einst formuliert hatte. Es herrscht wieder die Schweizerische Verbots- und Überwachungsmentalität. Videokameras an jeder Ecke. Und täglich neue Artikel in den Zeitungen, was auch alles gesetzlich geregelt und verboten werde müsse, weil einer sich nicht an die Regeln gehalten hatte.

Und schon ist die Sehnsucht da, die Koffern gleich wieder zu packen.